Bildergalerie ...

Ein bunter Streifzug durch rund 230 Jahre Dölle'sche Familiengeschichte

Engagiert ...

Wer etwas bewegen will -
der muss sich engagieren!
Das gilt ohne Einschränkungen
auch für Helmut Dölle




 
Er gehört fast schon zum Inventar der Fürther Kirchweih. Seit ihrer zaghaften Wiedergeburt nach der Kriegspause hat Johannes Dölle die Budenstadt bereichert. Und auch heute noch - nach 50 Jahren - pflegt er als Schausteller das traditionsreiche Aushängeschild der Stadt.

Obwohl er standesgemäß in einem Schausteller-Wohnwagen in der Nähe des Eichstädter Domes das Licht der Welt erblickt hat, ist der heute 75jährige ein waschechter Fürther. Schließlich entstammt er einer hiesigen Schausteller-Dynastie, die sich bis ins Jahr 1778 zurückverfolgen lässt und damit das wohl älteste Fürther Geschlecht der Branche ist. Das die große Familie den Rummelplätzen treu geblieben ist, zeichnet sie in besonderem Maße aus.

Schon als Kind packte Johannes Dölle die Faszination der Fahrgeschäfte. 1926 konnte sein Vater stolz eine "Elektro-Grottenbahn" sein eigen nennen, die dank (so der Prospekt) "feenhafter Beleuchtung mit Scheinwerfern" und "herrlichem Konzert-Orchester" zu den schönsten und modernsten Anlagen ihrer Zeit zählte. Hinter dem Konzert-Orchester verbarg sich eine Ruth-Orgel aus Waldkirch, die damals stolze 3.800 Goldmark gekostet hatte.

Als hochdekorierter Elitesoldat mit einigen Granatsplitterverletzungen und kaputten Nerven aus dem Krieg heimgekehrt, stieg Johannes Dölle zunächst als Teilhaber in das Fahrgeschäft seines Onkels Josef Dölle ein. Es handelte sich um eine "Raketenbahn". Neu daran war, dass sie sich nicht wie herkömmliche Karussells an Auslegern bewegte, sondern auf Schienen.

Nach dem recht bescheidenen Vorläufer 1946 musste die Kirchweih auch 1947 und 1948 noch auf den Schießanger ausweichen. Als der Onkel hier 1948 einem Herzinfarkt erlag, stand Johannes Dölle allein mit dem Fahrgeschäft da. Im Jahr darauf schaffte er sich seinen ersten Süßwarenstand an. Auch das letzte Geschäft des Fürther Schaustellers ist von diesem Schlag. Die 1975 gekaufte "Wiener Melange" hat einen Ehrenplatz auf der Freiheit und wird inzwischen von Johannes Dölles Sohn Helmut geleitet, der auch im Vorstand des hiesigen Schaustellerverbandes mitarbeitet.

Die Fahnen hat Johannes Dölle noch eigenhändig bemalt. Denn zur Malerei entwickelte der Fürther eine ebensolche Leidenschaft wie zum Fischen. Für diese Hobbys nimmt sich der 75jährige heute mehr Zeit als früher. Seine Geschicklichkeitsspielbude "Goldfinger" auf der Freiheit ist ein Selbstläufer, der wenig Aufwand bereitet. Nur in der Frühe schaut Johannes Dölle nach dem rechten. Wenn es nachmittags dann laut wird auf der Kirchweih, zieht er sich lieber in die Eigentumswohnung auf der Hardhöhe zurück.

Hier pflegt er auch die Familientradition. In Ordnern bewahrt er denkwürdige Dokumente vom Kirchweihtreiben anno dazumal auf. Dazu gehört auch eine Fürther Kirchweihordnung aus dem Jahre 1797, als die Stadt noch zu Preußen gehörte. Das detaillierte Regelwerk war auf eine illustre Gesellschaft aus Wunderheilern, Gauklern und Bärentreibern gemünzt. Akribisch hatte schon sein Vater Buch geführt über seine Geschäfte. Die Fürther Kirchweih war unter allen Stationen dabei immer die Haupteinnahmequelle gewesen.

Auch heute noch wirft die "Königin der fränkischen Kirchweihen" genug ab, um nicht nur die Großfamilie Dölle zu ernähren. Worauf es ankommt, ist nach den Worten von Kirchweihsenior Johannes Dölle in erster Linie gutes Wetter. Das Geldverdienen stand bei ihm nach dem Krieg an erster Stelle. Hier machte sich vor allem der Spielpavillon bezahlt. Ein Kassenschlager war auch das Fadenziehen. Johannes Dölle hat sich auf allen führenden Plätzen Nordbayerns etabliert. Inzwischen genügt es ihm, zweimal jährlich in Nürnberg und auf der Fürther Kirchweih präsent zu sein. Ruhestand ist für einen Schausteller wie Johannes Dölle ein Fremdwort.

Dies würdigte gestern auch Oberbürgermeister Wilhelm Wenning, der dem Jubilar die Glückwünsche der Stadt und einen Zinnkrug überbrachte. Für jeweils 30jährige Treue zur Fürther Kirchweih zeichnete das Stadtoberhaupt außerdem zwei Kollegen Dölles aus: den 1962 aus Palermo nach Deutschland gekommenen und in Fürth heimisch gewordenen Pizzabäcker Nino Mendola und Marianne Popp, die ihre immer wieder verbesserten Gemüsehobel in der Moststraße einer treuen Kundschaft anbietet.

Quelle: Volker Dittmar, Fürther Nachrichten, 10. Oktober 1997